Schlachttag - Geschichten_pl_v3

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Schlachttag

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Schlachttag

Etwa dreimal im Jahr wurde bei uns daheim ein Schwein geschlachtet. Das war immer ein Großkampftag, bei dem die ganze Familie eingespannt war – auch unser Onkel Franz war dabei, er ist Metzger und erledigt seine Arbeiten immer recht professionell.
Bereits in der Früh wurden die größten Töpfe auf den kräftig eingeschürten Herd in der Küche gestellt und so viel Wasser zum Kochen gebracht wie möglich war. Wenn es dann so weit war, spannte Onkel Franz seinen Schußapparat und tötete die Sau im Schweinestall. Im Stall deshalb, um eine vertraute Umgebung für die zu schlachtende Sau zu haben und keine Aufregung zu erzeugen.
Als Kinder waren wir zumindest beim Erschießen nicht dabei.
So wie das Schwein umgefallen war, wurde ihm die Kehle durchgeschnitten und das Blut in Schüsseln aufgefangen.
Jetzt kam immer eine recht „begehrte" Arbeit: Blutrühren - damit das Blut nicht gerinnt und zu Blutwurst weiterverarbeitet werden kann.
Zur selben Zeit wurde das tote Schwein aus dem Stall gezogen und in den Sautrog gehievt, mit dem - im Vorfeld vom Krämerladen in Sixthaselbach besorgten - Brühpech überstreut und mit dem heißen Wasser übergossen, also abgebrüht.
Mit einer Kette, die unter dem toten Schwein durchgezogen und abwechselnd in jede Richtung gewogen wurde, wurden die Borsten und die oberste Hautschicht entfernt. Mit dem zuvor verteilten Brühpech blieben die Borsten besser an der Kette haften. Die Stellen, die mit der Kette schlecht erreichbar waren, wurden mit der sog. Glocke behandelt.
Mit einer Stange durch die Achillessehnen der Hinterläufe wurde das Schwein nun kopfüber aufgehängt. In dieser Position konnte es leicht ausgenommen und zweigeteilt werden. Weitere Details dazu erspare ich uns - unser Hund freute sich aber schon immer auf diverse „Abfälle", die in unserem Kulturkreis nicht verarbeitet werden.

Nachdem die gröbste Arbeit erledigt war, kam meistens auch schon der Tierarzt um die Fleischbeschau durchzuführen und Krankheiten wie z.B. Trichinenbefall auszuschließen. Zum Schluß bekamen die Schweinehälften einen Stempel aufgedrückt.
Danach ging's in der Küche weiter. Innereien, Fleisch und Speck wurden gekocht und gewürfelt, um zum Beispiel in Dutzende von Preßsack abgefüllt oder für Sülzteller vorbereitet zu werden. Während das Kesselfleisch noch vor sich hin kochte, wurden die Blutwürste befüllt und alle Reste für die Leberwürste durch den Wolf gedreht. Auch auf die Innereien, die es die nächsten Tage zum Essen gab, konnte ich gerne verzichten.
Halbe Schweine wurden gelegentlich direkt in der Verwandtschaft weiter gegeben, weil die selber keine Schweine hielten und dort gleich verbraucht wurden.
Nach dem Mittagessen zerteile Onkel Franz die Stücke vom Schwein weiter mit dem Beil. In tagelanger Arbeit verpackte unsere Mutter das Fleisch portionsgerecht in Plastikbeutel, um es im Gemeindegefrierhaus einzufrieren.


Aufgeschrieben am 19 Jan. 2013 von Johann Wiesheu (*1965), München


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