Flieder - Geschichten_pl_v3

by
de
fr
en
pl
Idź do spisu treści

Menu główne

Flieder

historyjka > łobuz

Der Fliederbaum

Solange ich mich erinnere, wurde das Heu mit dem Ladewagen eingefahren und dann mit dem Gebläse auf den Heuboden gebracht. Ganz ungefährlich war das nicht. So konnte man zum Beispiel beim Vorlegen des Heu's zu weit mit der Gabel in’s Gebläse kommen, wenn man nicht aufpasste. Oder wenn mal ein Stein rein gekommen ist, hat das ganz schön durchs Rohr gescheppert….
Das Gebläse war eigentlich recht praktisch, weil man das Heu damit in jede Ecke des Heubodens blasen konnte und zumindest am Heuboden zur Einbringung keine weitere Arbeit nötig war.
Weil das Heu am Heuboden durch das Gebläse recht fest geblasen wurde, war es später nicht immer einfach, es wieder aus dem „Heustock" heraus zu lösen. Wenn man das nicht von der richtigen Seite anging, war das eine recht mühsame Angelegenheit mit dem „Heuhaggl". Hatte man genügend Heu zusammen, dann wurde es durch das „Heuloch", ein Loch in der Stalldecke mit Deckel, nach unten geworfen. Einmal habe ich nicht aufgepasst und bin selbst durch das Loch gefallen. Glücklicherweise war unten schon jede Menge Heu gelegen und keine Gabel gesteckt, so dass ich weich unten im Stall gelandet bin.
Irgendwann konnte unser Vater mit seiner Bronchitis den Heustaub nicht mehr ertragen.
Daher wurde eine Hochdruck-Heupresse mit Schleuder angeschafft. Die Schleuder warf die Heuballen gleich auf den hinter der Presse laufenden Gitter-Wagen. Das war ein Gummi-Brückenwagen mit speziellem Aufbau, ca. 2,7 m breit und 3,5 m hoch. Heimgefahren, wurden die Heuballen dann in den sog. Ballenlift gesteckt, der die Ballen auf eine lange Beförderbahn unter dem Dach ablud, die den ganzen Heuboden lang ging und die Ballen an der gewünschten Position abwarf. Weil diese Ballenbahn nicht ganz unter dem Dach-First verlief, sammelte sich nur in der Mitte des Heubodens ein Berg an Heuballen an. Links und rechts blieb jede Menge Platz frei. Um auch diesen Platz zu nutzen, durften wir, wenn der Heuhaufen bis zur Ballenbahn hochgewachsen war, die Ballen zur Seite wuchten und verteilen.  Bei ca. 45°C direkt unterm Dach eine recht staubige und sehr schwere Arbeit.
Da war man Abends wirklich fertig. Ich glaub, ich wär damals lieber ins Feibad gegangen…
Auch das Pressengespann zu fahren war nicht ganz einfach. Traktor, Heupresse und Wagen sind zusammen schon mal 15 m lang und haben drei Gelenke: den Anhängepunkt der Presse am Traktor, die Deichsel des Wagens an der Heupresse und das Drehgestell der Vorderachse des Wagens. Damit zu rangieren ist eine wahre Kunst. Eines Tages sollte ich das Gespann am späten Nachmittag von der Wiese nach Hause fahren.
Weil wir ja schon recht früh mit solchen Fahrzeugen umzugehen gelernt hatten, war das auch kein Problem. An unserer Hofeinfahrt, die etwas schmäler war, passte ich besonders auf, dass ich auf der rechten Seite nicht mit dem Wagen hinter der Presse gegen das Hauseck fuhr. Dabei wählte ich den Sicherheitsabstand etwas zu groß, so dass sich die linke obere Ecke des Gitterwagens in einer Astgabel des Fliederstrauches, der gegenüber der Hausecke stand, verfing. Der Fliederstrauch war schon recht alt und hoch gewachsen. Eigentlich ein Baum mit einem Stammdurchmesser von ca. 35-40 cm und ca. 6 m hoch. Wenn er blühte, roch es im ganzen Hof danach; darunter stand das „Bange", eine Holzbank, die so manchen Ratsch erleben durfte. Vermutlich wäre der Fliederbaum beim nächsten Sturm eh umgefallen, aber leider wurde er nicht mehr so alt. Weil sich ein Ast am Wagen verfing, stürzte der ganze Fliederbaum um und lag als riesiger Busch neben dem Wagen über der Hundehütte. Das hat nicht mal dem Hund gefallen, der mit eingezogenem Schwanz abhaute.
Eine Katastrophe war passiert. Und ich war schuld daran. Ich wollte am liebsten nicht mehr da sein.
Was nun? Da kann man nix mehr richten! Das schlechte Gewissen nagte.
Bis jetzt hatte es noch niemand gesehen, weil die Eltern und Geschwister die letzten Reste Heu auf der Wiese zusammen rechten. Ich nahm also das nächste Fahrzeug und fuhr raus auf die Wiese, um sie schon mal vorzubereiten. Sie konnten es nicht glauben. Als sie dann heim kamen, der Fliederbaum immer noch neben dem Wagen liegend, und das Unglück sahen, passierte etwas Unglaubliches - nämlich nichts. Ich konnte es kaum glauben. Kein Ärger oder lautes Schimpfen. Einfach gar nichts. Der Fliederbaum wurde mit der Motorsäge zerteilt und weggeräumt. Es wurde nicht mehr drüber gesprochen. Vermutlich sah man ein, dass ich mit meinen 13 oder 14 Jahren wohl etwas überfordert war…
Konsequenzen hatte das Malheur keine. Als ich etwas älter war, wurde mir das Gespann sogar anvertraut, um im Umkreis der Nachbardörfer das Stroh von diversen Feldern wegzupressen und mir so etwas dazu zu verdienen. Ohne weitere Zwischenfälle.


Aufgeschrieben am 12. Okt. 2012 von Johann Wiesheu (*1965), München


Wróć do spisu treści | Wróć do menu głównego