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Rauchnacht

Geschichten > volkskundliches > Brauchtum

Rau(c)hnacht


Hab und Gut sind in der Landwirtschaft besonders abhängig von den Launen der Natur und den Elementen.

In diesem Zusammenhang vertraute man selbstverständlich auch der Fügung Gottes. Um Schutz für Haus und Hof sowie für alle Tiere und Vorräte zu erbeten, auf dass jegliche Unbill fern bleibt, wurden dabei besonders die Wohn- und Wirtschaftsgebäude zu den Rauchnächten mit reichlich Weihrauch und Weihwasser gesegnet.

Natürlich waren die Kinder am Hof auch immer dabei. Wenn es was mit Feuer zu tun hatte, sowieso freiwillig! Aber Achtung, der Umgang mit der Glut ist in Scheunen wegen der zum Teil recht brennbaren Vorräte wie Heu und Stroh nicht ungefährlich!

Zum Räuchern wurde erst der Küchenherd richtig eingeschürt, so dass eine gute Glut verfügbar war. Mit dem Schürhaken holten wir einiges davon heraus und gaben die Glut in einen alten Blecheimer, der hoffentlich keine Löcher hatte. Ein Packerl Weihrauch hatten wir immer vorrätig. Sobald dieser drüber gegeben war, roch es auch schon wunderbar nach Orient und Weihnachten. Mit dem schaukelnden Eimer in der Hand und einer Flasche Weihwasser marschierten wir Kinder zusammen mit unserem Vater los und räucherten dabei schon die ganze Bude ein.

Zuerst ging es zum Pferdestall, der direkt an die Wohnräume angrenzte. Einige kräftige Spritzer vom Weihwasser und eine gute Portion Weihrauch, begleitet von einem Vaterunser, sorgte hier für den nötigen Schutz.
Weiter zur nächsten Türe durch den Schweinestall – die fanden das ganz schön merkwürdig – kamen wir an der Scheune vorbei und endeten am Kuhstall.

Natürlich wurde jede Station ausgiebig geräuchert und bei einem Gebet mit Weihwasser gesegnet. Mit dem Rest vom Rauch und Weihwasser endete die Runde wieder im Haus, um die inzwischen ziemlich erloschene Glut wieder zurück in den Herd zu geben. Geschützt durch den Segen Gottes konnte das Jahr seinen Lauf nehmen.


Aufgeschrieben am 25. Nov. 2012 von Johann Wiesheu (*1965), München

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