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Heuernte im Sommer
Das Heueinfahren war immer eine besondere Freude. Schon Tage vor dem ersten Mähen war es irgendwie aufregend. Ständig wurde im Radio der Wetterbericht gehört und mein Vater beobachtete den Himmel bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang ganz genau. Irgendwann im Mai war es dann so weit. „Iaz werd gmaht. Iaz sogta im Radio a guads Wedda o und da Himme sagt´s aa. Do schau auße, de Woiggan vaziang se, na werds schee, werstas scho seng und da Baumoasta und da Wonga dean scho dengln, de mahn gwiß aa."
Nun wurde die Sense gedengelt, der Heuboden ausgekehrt und die Messer vom Bulldog mit dem Wetzstein frisch geschliffen. Gleichzeitig musste die Schicht in der Molkerei auch noch passen, oft konnte mein Vater auch die Schicht mit dem Isal, seinem Arbeitskollegen wechseln. Der hatte keine Landwirtschaft und man half sich gegenseitig aus. Der Isal fuhr dafür länger in Urlaub nach Italien, da kam er her, und dafür brauchte er länger Urlaub als es eigentlich möglich war. So tauschte mein Vater die Tage der Heuernte mit den Tagen vom Isal seinem Urlaub aus und dann wurde früh am Morgen die Wiese gemäht. Am Nachmittag wurde das Heu schon das erstemal umgewendet und dann folgten mindestens noch drei Wendungen mit dem Heuwender und dem Rechen. An die Ecken kam der Heuwender nicht, da wurde mit der Hand nachgeholfen.
Als Kind war es meine Aufgabe, die Brotzeit am Nachmittag mit dem Radl auf die Wiese rauszufahren. Ich durfte auch mit Brotzeitmachen. Wir suchten uns immer einen schattigen Platz, und wenn es der Schatten vom Heuwagen war, bei dem wir uns niederließen, irgendwo war immer ein Fleckchen zum Ausruhen zu finden. Ich liebte es, im frischen Heu barfuß herumzulaufen, das kitzelte und stach auch, aber wir waren das ja als Kinder gewohnt. Nach drei bis vier Tagen wurde das Heu eingefahren. Auf den Heuwagen kamen die Heuleitern, die wurden hinten und vorne aufgesteckt.
Das Heu wurde mit dem Heustroamer zusammengerecht und natürlich wurde wieder viel mit der Hand nachgeholfen. Es durfte nichts liegenbleiben, jeder Heustengel war im Winter für die Tiere kostbar. Mein Vater nahm die große Heugabel und nahm Gabel für Gabel davon auf und stemmte so das Heu auf den Heuwagen. Meine Aufgabe war es hinterher zu rechen. „Nocherechan" sagte man dazu. Meine Mutter oder mein Bruder faßten das Heu am Wagen, damit es gut aufgelegt war. Auch der Onkel Xaver half mit. Er war ein guter Heufasser und darauf war er auch stolz. So ein Heuwagen war mit drei bis vier Schichten vollbeladen und obendrauf saßen wir, bei der Nachhausefahrt quer durch das Dorf.
Es war der Stolz einer jeden Bauersfamilie, dass der Heuwagen auch ja gut aufgelegt war. Ein schlampig aufgelegter Heuwagen, der womöglich unterwegs das geladene Heugut verlor, war unvorstellbar. Die Bauern im Dorf betrachteten die hoch aufgeladenen Wägen ganz genau. Der Alte Wirt und der Baumeister, die beiden waren bekannt für exaktes Heubeladen und für besonders hoch aufgeladene Heuwägen. Große Bauern fuhren mit zwei Hängern auf die Wiese und hängten an den ersten Heuwagen den zweiten einfach hinten dran.
Alle Bauern mähten in etwa zur gleichen Zeit, die Luft war erfüllt vom Geruch des frisch gemähten und getrockneten Grases. Das war eine besondere Zeit im Jahr. Wir konnten zwar nicht zum Baden gehen wie die anderen Kinder ohne Bauernhof, aber dafür hatten wir die Freude mit der Heuernte.
Fuhre für Fuhre wurde so eingefahren und zuhause in den Heustadel hochgestemmt. Der Heustadel war an unser Wohnhaus angebaut und war quasi der 1. und 2. Stock unseres Hauses. Irgendwann bekamen wir ein Heugebläse, das machte höllischen Lärm und war auch nicht ganz ungefährlich. Ich war mit meinem Bruder im Heustock ganz oben, wir mussten das Heu eintreten und gut im Stadl verteilen, damit auch viel Heu Platz hatte. Das Heueintreten war sehr wichtig. Es war extrem staubig und wir banden uns alte, baumwollene Kopftücher oder alte Windeln um Mund und Nase, damit wir besser Luft bekamen.
Nach so einem Arbeitstag fielen wir am Abend steinmüde ins Bett. Die Luft duftete nach Heu, im Haus roch es nach frischer Heuernte und in unseren Sommerbetten schliefen wir wie im Himmelbett. Ich glaube, ich habe damals am besten geschlafen. Überhaupt klagten die Menschen in meiner Umgebung sehr selten über Schlafstörungen, nach einem Tag harter Feldarbeit schlief man tief und fest.
Aufgeschrieben am 17. Sep. 2012 von Eleonore Hartl-
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