Jugendsünden - Geschichten_de

by
de
fr
en
pl
Direkt zum Seiteninhalt

Hauptmenü

Jugendsünden

Geschichten > Kurzgeschichten

Frühe Jugendsünden

Früher war es üblich, dass die Kinder in der Landwirtschaft und im Haushalt mithalfen. So war es auch bei uns und wir waren deshalb auch für einfache Einkäufe zuständig.
Das war in erster Linie das Lebensmittelgeschäft, bei dem wir meistens nur Brot und Semmeln 2 x in der Woche holten.
Auf dem Land war man früher bei den meisten Lebensmitteln Selbstversorger.
Die größeren Einkäufe wurden nur alle paar Wochen von unserer Mutter durchgeführt. Zu dem 4 km entfernten Lebensmittelgeschäft fuhr ich – und teilweise auch mein Bruder - mit dem Fahrrad.

Als 13-jähriger fuhr ich auch mit dem Moped - eine NSU Quickly - das mein Vater früher immer fuhr, bevor er sich ein Auto anschaffte.


Da unser Gehöft abseits lag und auch nur einfache Feldwege ringsum waren, probierte ich das Moped – in einem Umkreis von ein paar hundert Metern – des Öfteren aus.
Da kam mir dann der Gedanke, ich könnte den Einkauf auch mit dem Moped erledigen. Ich sagte dies meiner Mutter, die dem unter der Voraussetzung zustimmte, dass ich nur bis zum Ortseingang fahre und dass ich keine offizielle Erlaubnis von ihr erhalten würde. Und so fuhr ich dann los. Zur Verstärkung nahm ich meinen Bruder auf dem Rücksitz mit - er war damals 8 Jahre alt. Vorne am Lenker befestigte ich die Einkaufstasche.
Wir fuhren einen einfachen Feldweg der Bahnlinie entlang bis zum 1. Haus. Dort blieb ich mit dem Moped stehen und ich schickte meinen Bruder zum Einkaufen in den Ort.
Als mein Bruder vom Einkauf wieder zurückkam und ich das Moped startete, bemerkte ich einen grauen VW Käfer, der uns den Weg versperrte. Ein Polizist stieg aus und fragte uns: „Na was deats denn ihr do? Du host do no koan Führerschein! Wissen des den eire Eltern?"
Ich war total verdutzt und sagte, dass wir mit dem Moped ohne Wissen unserer Mutter unterwegs sind. Er verlangte die Telefonnummer unserer Mutter und gab mir einen Zündkerzenschlüssel, mit dem ich die Zündkerze herausschrauben und ihm geben musste. Er sagte zu uns dann noch: „Iatz schiabts ia zwoa des Moped hoam und eier Vata ko de Zündkerzen bei mia wida hoin."

Er fuhr mit dem Auto los und wir schoben das Moped gemeinsam Richtung unserem Haus.
Der Polizist rief von der Dienststelle unsere Mutter an und erklärte ihr das Geschehene. Unsere Mutter schauspielerte daraufhin und sagte zu dem Polizisten: „De Lausbuam – de wern wos erlem, wens hoamkema". Der Polizist entgegnete ihr: „San`s net so streng, des san do no Buam!"
Meine Mutter fuhr dann mit dem Bulldog uns entgegen und lud das Moped auf und sagte: „Passt scho, s'nächste Moi derfst`s nimmer so weit fahrn".

Mein Vater hat übrigens die Zündkerze nie beim Polizisten abgeholt – wir hatten ja noch mehrere als Ersatz. Ein paar mal fuhr ich noch mit dem Moped – aber nur im engeren Umkreis.
Dann liehen wir es unserem Opa für kurze Zeit aus – aber das ist eine Geschichte für sich.


Aufgeschrieben im September 2012 von Leonhard Maier (*1953), Giggenhausen

d30060_ML_Frühe Jugendsünden_de_04Mai14

Zurück zum Seiteninhalt | Zurück zum Hauptmenü