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Christbaum
Sobald im Spätherbst die Ernte eingebracht war und alle Maschinen gereinigt, konserviert und eingewintert waren, hatte es draußen oft schon den ersten Frost. Ideale Voraussetzungen, um die Waldarbeit zu beginnen. Mit unserem Fendt Geräteträger tuckertenwir in den Wald, um die nötigen Arbeiten zu erledigen: Umsägen, entasten und zerteilen von Bäumen, die im letzten Jahr krank oder dürr geworden waren, oder auch die Bewuchsdichte in jungen Beständen auslichten, so dass sich die verbleibenden Bäume besser entwickeln konnten. Damit waren wir meistens den ganzen Winter beschäftigt und brachten jedes Mal eine Fuhre Holz mit nach Hause. Entweder für Brennholz, oder um es 2 m kurz geschnitten als Papierholz zu verkaufen.
Vorausschauend begutachtete unser Vater bei der Gelegenheit gleich den Bestand an jungen Boschn und suchte die aus, die er für Weihnachten als Christbäume vorsah. Zu Weihnachten wurden auch unsere Onkeln und Tanten mit Christbäumen versorgt, weil sie keinen Jungbestand an Bäumen oder gar keinen Wald hatten. Ein paar Tage vor Weihnachten fuhren wir hinaus, um die Christbäume zu holen. Und wie unser Vater dann wieder geflucht hat, wenn ihm ein Christbaum-
Weil wir nur Fichten und wenige Föhren hatten, ließ der Bedarf der Verwandtschaft in den 1980er Jahren ziemlich nach. Dass die schönsten Exemplare immer an die Verwandtschaft abgegeben wurden und bei uns daheim nur die lausigsten und schiefsten Bäume, die überblieben, aufgestellt wurden, verstand ich nie.
An Hl. Abend war daheim die Stubentüre abgesperrt. Es hat geheißen, 's Christkind kommt g'rade. Durchs Schlüsselloch konnten wir auch nichts sehen. Unsere Neugierde blieb ungestillt, bis irgendwann die Türe aufging. Die Augen von uns Kindern strahlten. Das Christkind war da! Was es wohl alles gebracht hat? Na ja, meistens nicht genau das, was man sich eigentlich gewünscht hatte...
Auch wenn die Arbeit im Wald irgendwann fertig war, war die Holzarbeit noch lange nicht beendet. Erst wurden die heim gebrachten Stämme mit der ewig lauten Kreissäge, die über einen fast 5 Meter langen Riemen von einem mobilen Elektromotor angetrieben wurde, in handliche Stücke geschnitten, die kurz genug waren, um in den Herd oder später auch in die Holzheizung zu passen. Riesige Berge von Brennholz machten wir so, um sie anschließend in wochenlanger Arbeit mit der Axt zu spalten. Dabei ist uns ganz schön warm geworden.
Neben den Baumstämmen verwendeten wir natürlich auch die Äste, und im Sommer sammelten wir Kinder sogar die Tannenzapfen säckeweise, um sie getrocknet im Herd einzuschüren. Als es im Frühjahr wieder etwas wärmer wurde, war unsere Mutter tagelang an einem riesigen Berg, von nach Hause gebrachten Ästen gestanden, und hat den sog. „Wied" gehackt und „Bauschen" gebunden. Also, mit einem Beil am Hackstock, die kleinen Äste und den Reisig auf ca. 40 cm kurz gehackt, um die daraus gewonnenen Prügel später auf einer „Holztriste" zum Trocknen aufzuschlichten und den Reisig zum Anzünden des Ofens zum „Bauschen" zu binden.
Die Prügel und das gespaltene Holz stapelten wir im Frühjahr zu beachtlichen Reihen zum Trocknen im Freien auf. Obendrauf kamen die „Bauschen". Nach mindestens einem Jahr fuhren wir sie mit der Schubkarre in den Holzschuppen, wo wir sie erneut für mindestens ein Jahr aufreihten, bevor sie eingeheizt wurden.
Aufgeschrieben am 5. Nov. 2012 von Johann Wiesheu (*1965), München
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