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Ferienerinnerungen an Schweinersdorf


Manchmal in den Ferien habe ich auch ein paar Tage in Schweinersdorf übernachtet. Einmal sogar während der Schulzeit, da durfte ich dann mit dem Schulbus, der oben beim Moar hielt, mitfahren.
Das war schon anders als bei uns daheim. In aller Herrgottsfrüh fing der Gockel an zu krähen und weil der Hof so nah an der Kirche ist, bin ich jedes mal aufgewacht, wenn die Turmuhr geschlagen hat. Im Schlafzimmer war es auch fürchterlich kalt, das war ich von daheim nicht gewohnt, wir hatten ja Zentralheizung in jedem Zimmer. Außerdem stand unterm Bett ein Nachttopf. Zuhause hatten wir oben und unten ein Klo. Dafür gab es abends eine Wärmflasche mit ins Bett. Da stand den ganzen Tag ein großer Topf mit heissem Wasser auf dem Holzofen und abends wurden die Wärmflaschen der Reihe nach gefüllt. Wir sind dann mit unseren Wärmflaschen unter die dicken Federbetten geschlüpft. Es waren sogar noch Federbetten auf den Matratzen, auf die man sich draufgelegt hat und so hohe und dicke Federbetten zum Zudecken, dass man gar nicht drüber gesehen hat, wenn man mal drin lag.

Ich war immer eine eifrige Leserin und hatte in meiner Kinderzeit die Bücher von „Hanni und Nanni" und die Dolly-Bücher geradezu verschlungen. Diese Buchreihen von Enid Blyton handelten beide von jungen Mädchen, die in Internaten untergebracht waren. Am Anfang wollten sie da natürlich nicht hin, aber mit der Zeit haben sie sich dort sehr wohl gefühlt und heckten viele Streiche aus. In diesen Internatsgeschichten war immer wieder von Mitternachts-Partys die Rede. Die Mädchen hatten alles möglich Essbare beiseite geschafft und in ihren Schränken versteckt, um dann in der Nacht Zimmerpartys mit Freundinnen zu feiern.
Meinen Cousinen hatte ich öfters davon erzählt und wir haben dann auch Mitternachtspartys veranstaltet. Die Speis in Schweinersdorf war ja immer gut gefüllt und da fand sich so einiges, was man im Schlafzimmerschrank verstecken konnte und wir fanden es schrecklich aufregend, nachts aufzustehen und eine geheime Party zu veranstalten.

Die Kinder wurden schon eingespannt im bäuerlichen Alltag, aber wenn ich dort war, hatten wir auch viel Zeit zum draußen spielen. Im Garten waren zwei alte, ausgesonderte Schulbänke gestanden. Die waren aus einem Stück, d.h. die Stühle und der Tisch waren fest miteinander verbunden und auf dem Tisch war ein Spitzerfach mit Deckel und Rillen für Stifte. Dort haben wir gern Schule gespielt. Vom Garten aus konnte man auch aufs Grundstück vom Wirt gelangen oder aufs Dach vom Hühnerstall und von da wiederum konnten wir direkt die reifen Früchte vom Birnbaum pflücken, der im Hühnerhof wuchs. Eigentlich glaube ich, durften wir nicht ohne Aufsicht aufs Dach steigen, aber wir habens trotzdem gemacht.
Wo wir auch nicht hin durften, das war zu den „Bummerln" in den Stall. Das haben wir auch respektiert. Vor denen hatte jeder Respekt, sie waren auch nicht ungefährlich im Umgang. Einmal hat ein Bummerl den Onkel Schoß so an die Wand gedrückt und ihm dabei die Rippen gebrochen. Das weiß ich noch.

Im anderen Garten oben hinter dem Hof, gab es auch einen Kastanien- und einen Walnussbaum, die Nüsse haben wir auch aufgeklaubt. Aber so frisch schmeckten die Walnüsse noch nicht, die waren bitter. Gleich nach dem Hoftor zum oberen Garten hin hatten wir uns rechts in der Holzschupfa ein Lager, quasi im 1. Stock, gebaut. Da musste man auf der Leiter hochklettern und da saßen wir dann zusammen und haben geratscht und gespielt und Pläne geschmiedet. Den Boden hatten wir mit alten Teppichen ausgelegt, Hocker und Ziegelsteine dienten als Sitzplätze, und nach hinten konnte man durch die kaputten Holzlatten zum Lehner in den Hof schauen bzw. rauskraxeln.
Wenn man den oberen Garten durchquerte und durchs Gatter kletterte, stand man auf dem Wegerl, wo die große Linde stand und an dem auch das alte Schulhaus lag. Gegenüber war der Obstgarten von Opa und Onkel Schoß. Da wuchsen Äpfelbäume, Zwetschgenbäume und Birnbäume. Die Äpfel wurden einige Jahre lang auf den Domberg in Freising transportiert. Dort gab es eine Kelterei und es wurde Saft daraus gemacht. Auch wir daheim kamen über mehrere Jahre in den Genuss, besten Apfelsaft, von den Schweinersdorfer Äpfeln zu trinken.

Wir sind auch gern ein bissal rumstrawanzt im kleineren Umkreis. Dabei haben wir uns Maispuppen gepflückt und mit ihnen gespielt. Das sind Maiskolben, die noch nicht reif sind. Am meisten hatten es uns ja die Haare (Bart) angetan, die waren mal grünlich, mal rötlich, gelockt oder glatthaarig. Wenn man mit Gefühl an den „Haaren" zog, konnte man sie auch verlängern.
So ähnlich haben wir auch mit Mohnblumen gespielt. Wir haben die geschlossenen Knospen vorsichtig entlang der Kanten aufgebogen und je nachdem, welche Farbe die Blütenblätter hatten, die wir vorsichtig entfalteten und umstülpten, - weiß, rosa oder rot -, hatte man einen Ministranten, Pfarrer oder Kardinal zum Spielen. Meistens spielten wir mit Maispuppen und Mohnmanschgerl auf dem Bankerl unter der alten Linde neben dem alten Schulhaus. Da konnten wir vom Hof durch den oberen Garten direkt hingehen und mussten nicht auf die Straße.

Als der „Fuchs" noch lebte, haben wir einmal die Brotzeit hoch zu Ross zum Onkel Schoß, der im Hopfengarten arbeitete, gebracht. Ich bin mir nicht mehr sicher, ob ich auch mit drauf saß, weil ich eigentlich immer ängstlich gegenüber so großen Tieren war. Auf jeden Fall saßen wir zu Dritt auf dem mächtigen, breiten Pferderücken. Der „Fuchs" war ein süddeutsches Kaltblut, fuchsfarben mit heller Mähne, einer weißen Blesse und ein Ausbund an Geduld und Gutmütigkeit. Da brauchte es auch keinen Sattel und kein Zaumzeug, ein Strick hat gereicht. Auf jeden Fall ist der „Fuchs" dann im nassen Gras ausgerutscht – da gings ein bisschen bergab – und wir haben samt Pferd „umgeschmissen". Gott sei Dank hat sich keiner richtig wehgetan, nur Monika hat ein bisschen gejammert, weil sie irgendwie den Fuß unters Pferd gebracht hatte. Aber der Schreck war, glaube ich, größer als der Schmerz.
Großen Spaß hatten wir auch, wenn wir mit Onkel Schoß oder dem Opa, mit dem Fendt, vorne auf der Ladefläche mitfahren durften, hinaus aufs Feld oder in den Hopfengarten. Die Ladefläche konnte man nach vorne kippen und wir kreischten und schrien immer vor Vergnügen, wenn der Fahrer so tat, als würde er uns auskippen.

Wenn der Saubär zur Sau getrieben wurde, oder beim Schlachten durften wir nicht dabei sein und zuschauen. Weil wir aber so neugierig waren, haben wir dann heimlich vom Spielzimmer, vom Balkon aus zugesehen. Wenn eine Kuh gekalbt hat, war uns das Zuschauen erlaubt und das „Kälberziehen" war immer ein sehr spannendes und aufregendes Erlebnis.
Auch die Eier haben wir abgetragen, Maria hat das nicht gern mögen, ihr ist als kleines Kind mal ein Gockel auf den Kopf geflogen und seitdem war ihr jedes Geflügel zuwider. Sogar vor meinem Wellensittich hatte sie sich gefürchtet, als er mal auf ihrem Kopf landen wollte. Das fand ich schon komisch.

Hin und wieder wurden wir auch zum Wirt geschickt, da holten wir dann an der Hintertür manchmal Regensburger oder Dicke und ein paar Halbe Bier zur Brotzeit. Und auch zum Schuster in Sixthaselbach bin ich mit meinen Cousinen gegangen.
Außerdem gab es in Schweinersdorf noch den kleinen Kramerladen, den Mesner. Oft haben wir unsere Zehnerl, Fünferl oder Pfennige dort ausgegeben für Süßigkeiten, die man dort stückweise aus großen Schraubgläsern kaufen konnte.
Im Pfarrhof gab es sogar eine Bücherei – eigentlich war das nur ein alter Schrank, voll mit uralten Büchern. Wir haben uns mal den „Knigge" dort ausgeliehen und ich weiß noch, dass da drin stand, dass Mädchen und Frauen keine Hosen tragen dürfen.
Die Pfarrerköchin war ein ziemlich abergläubischer Mensch und glaubte an Geister und Gespenster. Da haben wir uns den Spaß erlaubt und uns in der Kirche versteckt, während sie was vorbereitete und haben sie mit Buhuuu-Rufen und Geräuschen erschreckt. Sie ist dann in die Sakristei geflüchtet und hat was von Geistern gestammelt. Am nächsten Tag hat sie es dann im Dorf erzählt. Wir haben in uns hineingegrinst, uns aber nichts anmerken lassen.


Aufgeschrieben im Oktober 2012 von Irmi Schaffer, geb. Wiesheu (*1961), Moosburg

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