Hauptmenü
Der Fliederbaum
Solange ich mich erinnere, wurde das Heu mit dem Ladewagen eingefahren und dann mit dem Gebläse auf den Heuboden gebracht. Ganz ungefährlich war das nicht. So konnte man zum Beispiel beim Vorlegen des Heus zu weit mit der Gabel in’s Gebläse kommen, wenn man nicht aufpasste. Oder wenn mal ein Stein rein gekommen ist, hat das ganz schön durchs Rohr gescheppert….
Das Gebläse war eigentlich recht praktisch, weil man das Heu damit in jede Ecke des Heubodens blasen konnte und zumindest am Heuboden zur Einbringung keine weitere Arbeit nötig war.
Weil das Heu am Heuboden durch das Gebläse recht fest geblasen wurde, war es später nicht immer einfach, es wieder aus dem „Heustock" heraus zu lösen. Wenn man das nicht von der richtigen Seite anging, war das eine recht mühsame Angelegenheit mit dem „Heuhaggl". Hatte man genügend Heu zusammen, dann wurde es durch das „Heuloch", ein Loch in der Stalldecke mit Deckel, nach unten geworfen. Einmal habe ich nicht aufgepasst und bin selbst durch das Loch gefallen. Glücklicherweise war unten schon jede Menge Heu gelegen und keine Gabel gesteckt, so dass ich weich unten im Stall gelandet bin.
Irgendwann konnte unser Vater mit seiner Bronchitis den Heustaub nicht mehr ertragen.
Daher wurde eine Hochdruck-
Da war man Abends wirklich fertig. Ich glaub, ich wär damals lieber ins Feibad gegangen…
Auch das Pressengespann zu fahren war nicht ganz einfach. Traktor, Heupresse und Wagen sind zusammen schon mal 15 m lang und haben drei Gelenke: den Anhängepunkt der Presse am Traktor, die Deichsel des Wagens an der Heupresse und das Drehgestell der Vorderachse des Wagens. Damit zu rangieren ist eine wahre Kunst. Eines Tages sollte ich das Gespann am späten Nachmittag von der Wiese nach Hause fahren.
Weil wir ja schon recht früh mit solchen Fahrzeugen umzugehen gelernt hatten, war das auch kein Problem. An unserer Hofeinfahrt, die etwas schmäler war, passte ich besonders auf, dass ich auf der rechten Seite nicht mit dem Wagen hinter der Presse gegen das Hauseck fuhr. Dabei wählte ich den Sicherheitsabstand etwas zu groß, so dass sich die linke obere Ecke des Gitterwagens in einer Astgabel des Fliederstrauches, der gegenüber der Hausecke stand, verfing. Der Fliederstrauch war schon recht alt und hoch gewachsen. Eigentlich ein Baum mit einem Stammdurchmesser von ca. 35 cm -
Eine Katastrophe war passiert. Und ich war schuld daran. Ich wollte am liebsten nicht mehr da sein.
Was nun? Da kann man nix mehr richten! Das schlechte Gewissen nagte.
Bis jetzt hatte es noch niemand gesehen, weil die Eltern und Geschwister die letzten Reste Heu auf der Wiese zusammen rechten. Ich nahm also das nächste Fahrzeug und fuhr raus auf die Wiese, um sie schon mal vorzubereiten. Sie konnten es nicht glauben. Als sie dann heim kamen, der Fliederbaum immer noch neben dem Wagen liegend, und das Unglück sahen, passierte etwas Unglaubliches -
Konsequenzen hatte das Malheur keine. Als ich etwas älter war, wurde mir das Gespann sogar anvertraut, um im Umkreis der Nachbardörfer das Stroh von diversen Feldern wegzupressen und mir so etwas dazu zu verdienen. Ohne weitere Zwischenfälle.
Aufgeschrieben am 12. Okt. 2012 von Johann Wiesheu (*1965), München
d30090_WJ_Flieder_de_08Jun14